Ich hatte geplant, in Deutschland Medizin zu studieren und dann nach Vietnam zurückzukehren, um dort als Ärztin zu arbeiten. Allerdings waren und sind die Bedingungen im vietnamesischen Gesundheitswesen so schwierig, dass ich mich dafür entschied, in Deutschland zu bleiben. Kleine Kinder mit Gesichtsfehlbildungen in Vietnam zu behandeln, ist für mich nicht nur ein humanitärer Akt, ich will auch dem Land meiner Geburt etwas zurückgeben.

Dr. Nguyễn Thị Diễm Hằng

Dr. Hằng ist Teil der deutsch-vietnamesischen gemeinnützigen Organisation DEVIEMED, die seit fast drei Jahrzehnten Tausende Menschen in Zentralvietnam medizinisch versorgt. Die meisten Patient*innen der Organisation sind kleine Kinder, die als Spätfolge des Einsatzes von Entlaubungsmitteln im Vietnamkrieg mit komplexen Gesichtsfehlbildungen geboren werden. Dadurch sind lebenswichtige Funktionen wie Atmen, Sprechen, Essen, Sehen, Riechen und Schmecken beeinträchtigt. Weil es vielen Einrichtungen des Gesundheitswesens in Vietnam an Fachärzten mangelt, erhalten sehr viele Kinder mit Gesichtsfehlbildungen nicht die notwendige chirurgische Behandlung, um ein normales Leben zu führen.

In den Bergregionen Zentralvietnams sind Kinder mit Gesichtsfehlbildungen besonders benachteiligt, weil sie kaum Zugang zu gesundheitlicher Versorgung haben. Die Gründe dafür sind vielfältig. Dazu zählen schlechte Infrastruktur, große Armut sowie eine schlechte Personal- und Geräteausstattung der Einrichtungen des Gesundheitswesens. Das Orthopaedic and Rehabilitation Hospital in Đà Nẵng liegt in Zentralvietnam. In diesem Krankenhaus behandeln und operieren Dr. Hằng und andere medizinische Fachkräfte von DEVIEMED kleine Kinder mit Gesichtsfehlbildungen kostenlos. Im Rahmen von Schulungen unterstützen Dr. Hằng und ihre Kolleg*innen diese und andere Gesundheitseinrichtungen in Vietnam durch die Weiterbildung von Ärzt*innen, angehenden Ärzt*innen und Pflegepersonal im Bereich Gesichtsfehlbildungen. Dr. Hằng und ihre Organisation besorgen auch medizinische Ausstattung für vietnamesische Krankenhäuser und stellen wichtige Hilfen wie Hörgeräte zur Verfügung, damit die jungen Patient*innen ein möglichst normales Leben führen können.

Viele Menschen in den Bergregionen von Zentralvietnam sind mehrere Stunden unterwegs, bis sie das nächste Krankenhaus erreichen. Zumeist wird ihre eigene Sprache dort nicht gesprochen, und die Behandlungskosten sind häufig unerschwinglich. Manchmal können sie noch nicht einmal die Reisekosten tragen. Es ist wirklich entmutigend zu sehen, wie stark ländliche Gebiete in Vietnam nach wie vor benachteiligt sind. Aber es macht mich glücklich, wenn ich von dankbaren Eltern einen Blumenstrauß erhalte.

Dr. Nguyễn Thị Diễm Hằng