Von Kyjiw nach Berlin und zurück: Diaspora-Unterstützung für nachhaltigen Wiederaufbau nutzen
Nach Jahren im Sektor der deutschen internationalen Zusammenarbeit kehrte Nadiia Synytsia mit einer Mission in die Ukraine zurück: den Wiederaufbau der Zivilgesellschaft von innen heraus zu unterstützen. Ihre Arbeit verbindet lokale Akteure mit globalem Fachwissen.
Steckbrief
- Name:
Nadiia Synytsia
- Beruflicher Hintergrund:
Master-Abschluss in Zentral- und osteuropäischer Literatur und Kultur
- Einsatzort:
Impact Force in Kyiv, Ukraine
- Dauer des Einsatzes:
April 2024 – heute

Durch meine Rückkehr in die Ukraine strebe ich an, langfristige systemische Veränderungen zu fördern. Ich möchte helfen, die Lücke zwischen ukrainischen und internationalen Entwicklungsökosystemen zu überbrücken, um neue Partnerschaften, Finanzierungsmöglichkeiten und Wissenstransfers zu erleichtern, die direkt der Erholung und den Reformprozessen der Ukraine zugutekommen können.Nadiia Synytsia wuchs in einer kleinen Stadt in der Oblast Kyjiw, einer Provinz im Norden der zentralen Ukraine, auf und war schon immer von Sprachen und Kulturen fasziniert. Daher war es keine Überraschung, dass sie Jahre später in die Hauptstadt Kyjiw zog, um einen Bachelorstudiengang in Übersetzung und Interpretation mit Schwerpunkt Deutsch zu absolvieren. Dies öffnete ihr die Tür zu internationalen Erfahrungen, einschließlich Konferenzen und Austauschprogrammen in Deutschland, und vertiefte ihr Verständnis der Kultur und Gesellschaft des Landes.
2016 zog Nadiia nach Berlin, um einen Master in zentral- und osteuropäischer Literatur und Kultur an der Humboldt-Universität zu studieren. In den folgenden Jahren sammelte sie wertvolle Berufserfahrungen, zuerst bei der Falling Walls Foundation und später als Projektleiterin bei der gemeinnützigen Organisation enpact e.V., wo sie sich auf internationale Zusammenarbeit und Entwicklung konzentrierte. 2024 verspürte Nadiia den starken Wunsch, ihre internationale Expertise dort einzusetzen, wo sie am Dringendsten benötigt wurde – in ihrem Herkunftsland, der Ukraine. Sie bewarb sich bei der Initiative „Returning Experts“, die qualifizierte Fachkräfte bei der Suche nach Beschäftigung bei lokalen Organisationen in ihrem Herkunftsland unterstützt. Das Programm bietet Unterstützung bei der Arbeitsvermittlung, Hilfe bei der Wiedereingliederung sowie finanzielle Unterstützung zur Überbrückung lokaler Gehaltslücken.
„Meine Hauptmotivation für die Rückkehr in die Ukraine war beruflicher Natur“, erklärte Nadiia. Sie wollte ihre internationale Bildungs- und Berufserfahrung in der Ukraine anwenden. Seit dem russischen Angriffskrieg im Jahr 2022 haben hunderttausende qualifizierte Fachkräfte das Land verlassen, was zu einem Mangel an erfahrenen Fachkräften in Bereichen wie Projektmanagement, Innovation und nachhaltiger Entwicklung führte. Für Nadiia war dies eine Gelegenheit, ihr Fachwissen zu teilen und ihre Karriere weiterzuentwickeln. „Vor Ort zu sein ermöglicht es mir, direkt mit lokalen Akteur*innen zu arbeiten, systemische Veränderungen zu beeinflussen und nachhaltige Programme zu entwickeln, die auf aktuelle Herausforderungen reagieren.“
Sie begann bei der von Frauen gegründeten und geleiteten, ukrainischen Nichtregierungsorganisation (NRO) Impact Force zu arbeiten. Die NRO fokussiert sich auf sozialen Verhaltenswandel, inklusiven Wiederaufbau und langfristige Entwicklung. Zusammen mit dem Team setzte sich Nadiia klare Ziele: Programme auszuweiten, interne Kapazitäten zu stärken und strategische Partnerschaften mit nationalen und internationalen Akteuren aufzubauen. „Die Initiative ‚Returning Experts‘ hat mir geholfen, diesen Übergang zu strukturieren“, teilte sie mit. „Besonders bedeutungsvoll war für mich die Bestätigung, die ich durch die Initiative erhielt. Ich erkannte, dass meine Idee, in solch unsicheren und herausfordernden Zeiten zurückzukehren, nicht nur möglich, sondern geteilt und unterstützt wird. Das gab mir die Sicherheit, dass ich nicht allein bin und dass es andere gibt, die ebenfalls zurückkehren, um zum Wiederaufbau und Entwicklung der Ukraine beizutragen.“
In ihrer Rolle als Projektleiterin trägt Nadiia zu Projekten in den Bereichen Bildung, psychische Gesundheit, Frauenförderung und soziales Unternehmertum bei. Ihre Arbeit konzentriert sich auf die Einbettung strukturierter Projektmanagement-Praktiken, die Betreuung von Teammitgliedern und das Fördern einer Kultur des Wissensaustauschs. Sie hilft auch dabei, Verbindungen mit Partner*innen in Deutschland und der Europäischen Union aufzubauen, indem sie ihre internationale Erfahrungen und Mehrsprachigkeit nutzt, um internationale Kooperationen und Spenderengagement zu navigieren. Nadiia spielte eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung der strategischen Roadmap von Impact Force und der Einführung von Systemen für Monitoring, Evaluation und interne Kommunikation. Sie half auch dabei, einen Nachfolgeplan zu etablieren, um den Wissenstransfer innerhalb des Teams zu unterstützen und sicherzustellen, dass die institutionelle Kapazität weiterhin wächst.
Mehrere Vorzeigeprogramme bei Impact Force widmen sich speziell der Unterstützung von Frauen, die vom Krieg betroffen sind, und bieten digitale und unternehmerische Bildungsangebote, psychische Gesundheitsdienste und Plattformen für Gemeinschaftsbildung an. Eines der wichtigsten langfristigen Ergebnisse ist die Schaffung nachhaltiger Ökosysteme, die lokale Führungskräfte, Unternehmer*innen und Expert*innen befähigen, den Wiederaufbau der Ukraine von innen heraus zu fördern.
Die Rückkehr war jedoch nicht ohne Herausforderungen. „Obwohl ich sehr motiviert war, war der Übergang von einer stabilen Umgebung in Deutschland zu einer von Unsicherheit und schnellen Veränderungen geprägten Umgebung in der Ukraine kein leichter“, reflektierte Nadiia. „Die Anpassung an das lokale Lebenstempo, die infrastrukturellen Einschränkungen und die psychische Belastung des andauernden Krieges erforderten Resilienz und emotionale Anpassungsfähigkeit. Gleichzeitig wurde ich mit einer bemerkenswerten Offenheit für neue Ideen, Ambitionen und Innovationen begrüßt, was unglaublich energiespendend war.“ Heute setzt Nadiia ihre Bemühungen fort, um mit Netzwerken Brücken zwischen der Ukraine und Deutschland zu bauen, sodass langfristige Kooperationen und gemeinsame Lösungen gefördert werden können.