Steckbrief
- Das Unternehmen: Toltec Consulting
- Gegründet: 2016
- Sitz: in Douala
- Zunächst 2, jetzt 3 Geschäftsführer*innen
- 5 Mitarbeiter*innen und 2 Praktikant*innen (Stand März 2021)
- Unterstützt durch „Geschäftsideen für Entwicklung“
- Webseite: www.toltec-consulting.com
Der schwere erste Schritt
Romeo kann sich noch genau an den Tag erinnern, als er seine Kündigung aufsetzte. Kurz davor rief er seinen kamerunischen Freund Giscard an und fragte ihn: „Ich mache jetzt Ernst und kündige. Du bist dir also absolut sicher, dass wir nach Kamerun zurückgehen und die Firma gründen?“ Der Freund hatte damals zwei Wochen länger Zeit als Romeo, um seine Kündigung einzureichen. „Ja, ich bin mir sicher“, antwortete ihm der Freund. Zwei Wochen später aber rief auch er Romeo an, um seinerseits zu fragen, ob sich Romeo noch sicher sei und auch tatsächlich gekündigt habe.
Die Geschäftsidee
Zwei in Deutschland ausgebildete IT-Nerds, der eine Softwareentwickler, der andere Netzwerktechniker, machen sich also 2016 mit einem gut ausgearbeiteten Businessplan auf den Weg nach Douala. Ihr Ziel: mit ihrer internationalen Erfahrung und Unternehmensgründung die Wirtschaft ihres Herkunftslandes beleben. Ihre Frauen und Kinder lassen sie schweren Herzens in Deutschland zurück, um sich voll auf die Gründung ihrer IT Consulting-Firma „Toltec Consulting“ zu konzentrieren. Ihre Vision ist keine geringere, als die immer noch hauptsächlich auf Papier basierende Arbeitsweise in kamerunischen Institutionen durch moderne IT-Anwendungen zu verbessern und effizienter zu machen. Romeo sagt: „Wir ahnten, dass uns das viel Überzeugungsarbeit kosten würde, denn digitale Prozesse stellen bestehende Strukturen und Wertvorstellungen in Frage, ja sie verändern das Beziehungsgeflecht zwischen Staat, Gesellschaft und Wirtschaft. So können IT-Anwendungen beispielsweise die Transparenz und Rechenschaftslegung verbessern. Aber was macht man, wenn potenzielle Kunden in Kamerun das erst mal nicht als Verbesserung, sondern als schwer kalkulierbares Risiko sehen?“
Schlaflose Nächte
Der erste Kunde, den Romeo an Land ziehen konnte, war ein großes Krankenhaus, das Centre Médical La Cathédrale. Toltec Consulting nahm die Arbeitsabläufe des Krankenhauses unter die Lupe und entwickelte maßgeschneiderte IT-Anwendungen, um sie zu optimieren, zu beschleunigen und weniger fehleranfällig zu machen. Es ging zum Beispiel darum, das Patienten- sowie das Lohn- und Rechnungsmanagement zu digitalisieren. Weitere Ziele: den Bestand von Medikamenten, die Verfügbarkeit von Betten und auch die Kommunikation mit diversen Versicherern besser in den Griff bekommen. Romeo erinnert sich: „Um den Betrieb im Krankenhaus nicht lahmzulegen, machten wir bzw. machte ich unsere Testläufe immer nachts. Ich habe mir damals viele Nächte im Krankenhaus am Rechner um die Ohren geschlagen – und war drei Stunden später wieder im Büro.“
Die stellvertretende Geschäftsführerin des Centre Médical La Cathédrale, Sylvie Tagni Zukam, sagt: „Die externen IT-Firmen, mit denen wir vor Toltec Consulting zusammengearbeitet haben, verstanden unsere sehr spezifischen Problemstellungen nicht hinreichend und ließen uns mit Anwendungen zurück, die nicht gut funktionierten. Mit Toltec Consult ist das anders. Die Zusammenarbeit ist sehr flüssig und wir fühlen uns immer gut verstanden, beraten und begleitet, insbesondere wenn es darum geht, wichtige Entscheidungen zu treffen. Auch wenn uns die neuen IT-Anwendungen erst einmal Geld kosten: durch sie können wir an ganz vielen Stellen auch Kosten einsparen.“
Andere kleine und große Opfer
Dem ersten Krankenhaus folgten zwei weitere Kunden, ein Hotel und ein Reiseunternehmen. Die Kameruner IT-Firma läuft, aber die Zahlungsmoral der Kunden lässt Romeo und seine mittlerweile zwei Geschäftspartner manchmal verzweifeln. „Wir haben in den letzten Jahren viel gelernt. Größere Aufträge nehmen wir heute zum Beispiel nur noch mit Vorauszahlung an“, sagt der Unternehmer, der am Ende eines Tages schon mal bemerkt, dass er vergessen hat zu essen, und der nicht nur von sich, sondern auch von seinen Mitarbeitern Opfer fordert. Vom langen Reden bei Vorstellungsgesprächen ist er mittlerweile komplett abgekommen. Romeo stellt den Bewerbern eine konkrete Aufgabe und gibt ihnen zwei Stunden, sie zu lösen. Die Aufgabe ist – wohlgemerkt – nicht zu lösen. „Wer nach vier oder fünf Stunden eingesteht, die Aufgabe immer noch nicht gelöst zu haben, ist unser Mann bzw. unsere Frau“, so Romeo.
Die größte Entbehrung, die er für sein IT-Unternehmen in Kamerun privat auf sich nimmt, ist die große Distanz zu seinen beiden Kindern. „Sie wachsen de facto ohne mich auf und Skype hilft da nur bedingt. Ohne den Rückhalt meiner Frau und Familie, die fest an mich glauben, und ohne meinen gesunden Patriotismus hätte ich vermutlich schon aufgegeben. Was bei Frustration aber definitiv hilft: Lachen. Und wir lachen viel im Büro.“